Page 48 - Wostok-Sonderausgabe über Tadschikistan
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03-4-2021 Spezial 48-51 Kunsthandwerk neu_02/10 10-15  19.08.21  19:17  Seite 48


                 Länderspezial Tadschikistan


                     ie ethnische, kulturelle,                                                  Stirnbänder  etwa  bestehen
                     klimatische und natur-                                                     aus filigranen durch eine Kette
                D bedingte  Vielfalt  Ta-     Das Kunsthandwerk                                 verbundenen  Silberplättchen,
                dschikistans  spiegelt  sich  in                                                an deren unterem Rand kleine
                der Kunst und im Kunsthand-                spiegelt                             Anhänger  befestigt  sind.  Die
                werk  wider.  Für  den  Norden                                                  Kopfhauben laufen in stilisier-
                Tadschikistans  sind  feine  Or-  eine große Vielfalt                           ten  Augenbrauen  aus.  Ein
                namentik, filigrane Holz- und                                                   Schmuckset besteht in der Re-
                Steinschnitzereien  sowie  or-                                                  gel  aus  Ohrringen,  Hals-
                namentale Malerei typisch. Im                                                   schmuck, Armband und Ring.
                Süden  hingegen  dominieren                                                     In Pendschikent, Chudschand,
                strenge monumentale, majes-                                                     Istarawschan, Kulob und His-
                tätische  Formen  mit  urtypi-                                                  sar  findet  man  noch  heute
                schen und reliktartigen Moti-  tigten Schwertern und Säbeln  Perlen, Korallen, Perlmutt und  Stadtteile  und  Dörfer,  die  in
                ven,  die  weit  zurück  in  die  einen Namen in der gesamten  Glasperlen,  seltener  mit  Kar-  ihrem  Namen  auf  die  hier
                Jahrhunderte gehen.       Region machten. Die Griffe ih-  neolen oder Türkisen reich ge-  (einst)  ansässigen  Juwelier-
                  Bei  der  kunsthandwerkli-  rer Erzeugnisse waren aus El-  schmückt  wurde.  Aber  auch  meister verweisen.
                chen Verarbeitung von Metall  fenbein und verziert mit Gold-  Gold,  Kupfer  und  Messing  Kulolgari, die Keramikkunst,
                wurde  zumeist  Gold,  Silber,  und  Silberdekor.  Auch  die  wurden  verarbeitet.  Eingear-  war bereits im 5. Jahrtausend
                Kupfer und Bronze verwendet.  Kunst der Messerschmiede war  beitet werden zoomorphe und  vor unserer Zeit in Tadschiki-
                Das  Metall  wurde  ziseliert,  in  alten  Zeiten  in  vielen  ta-  florale  Elemente,  Sonnenzei-  stan bekannt. Ihre Erzeugnisse
                graviert,  gegossen,  verzinnt  dschikischen Städten und Sied-  chen, kalligraphische Zeichen.  dienten  im  Zeitenlauf  unter-
                oder geprägt, oft mit Edelstei-  lungen  hoch  entwickelt.  War  Den  Schmucksteinen  wurde  schiedlichen  Zwecken.  Das
                nen  oder  Email  besetzt.  Ab  das Messer doch auch ein un-  magische Kraft nachgesagt, so  war einerseits das Schmücken
                dem 15. Jahrhundert verzierte  benehmbares  Attribut  des  sollte der Karneol Frieden und  von Gebäuden mit glasierten
                man Metallerzeugnisse gerne  Mannes. Messer gab es in ver-  Wohlstand  bringen,  Korallen  Keramikplatten,  und  das  war
                auch  mit  Elfenbein,  das  zu-  schiedenen Größen und Aus-  standen  für  Reichtum  und  andererseits  die  Herstellung
                meist für ornamentale Motive  stattungen,  die  Griffe  waren  Fruchtbarkeit,  Perlen  heilten  von  Haushaltsgegenständen
                oder  Schriftzüge  verwendet  aus  Knochen  oder  Horn  und  von Krankheiten und schütz-  und auch Spielzeugen. Große
                wurde. Hergestellt wurden ver-  mit unterschiedlichen Verzie-  ten vor Unglück und Leid.   Zentren  des  Kreamikhand-
                schiedene Arten von Geschirr,  rungen, darunter mit Türkisen  Junge Frauen trugen tradi-  werks waren Chudschand, Is-
                wie  etwa  Teekannen,  Krüge  und Silber, geschmückt. Auch  tionell  viel  Schmuck,  lange  fara, Istarawschan, Hissar, Ka-
                mit Tülle zum Waschen, Hand-  heute  noch  ist  Istarawschan  Ohrringe, Brustschmuck, zahl-  ratag,  Kanibadom,  Denau,
                waschbecken, Schalen, Schüs-  im  Norden  Tadschikistans  ei-  reiche  Ringe  und  Armreifen,  Darwas, Dastidschum und Ku-
                seln,  Becher,  Teller,  Kannen,  nes  der  Zentren  der  Messer-  besonders reich war der Hoch-  lob.  Gefertigt  wurden  Teller
                Tabletts, Gefäße mit und ohne  schmiedekunst, von hier kom-  zeitsschmuck. Frauen im Alter  (Tabok) verschiedener Formen
                Deckel und andere Haushalts-  men  fein  gearbeitete  Messer  ab 40 Jahren trugen nur noch  und  Größe,  Gefäße  (Churma,
                gegenstände, darunter Spuck-  für jeden Gebrauch.    einfache Ringe und Ohrringe.  Churmatscha,   Tschorguscha,
                näpfe, Kerzenhalter und Räu-  Die tadschikischen Juwelie-  Weit  verbreitet  waren  Amu-  Durguscha), große und kleine,
                cherpfannen.              re beherrschten das Ziselieren,  lette,  die  an  einer  Kette  um  einfache und kompliziert auf-
                  In  früheren  Zeiten  waren  Gießen und Prägen. Für Einle-  den Hals getragen wurden. In  gebaute Schüsseln (Piala, Ko-
                die Waffenschmiede Tadschi-  gearbeiten  nutzten  sie  ge-  ihnen  wurde  ein  Gebetstext  sa, Schokosa), Krüge (Kusa und
                kistans bekannt, so gab es im  schliffene Edelsteine. Das be-  aufbewahrt und sie galten als  Oftoba) und Untersetzer. Man
                19. Jahrhundert in Karatag 32  liebteste Metall war Silber, das  Schutz  vor  bösen  Geistern.  nutzte die Töpferscheibe oder
                Schmiede,  die  sich  mit  ihren  mit ziselierten oder geprägten  Übrigens auch Männer trugen  die Modelliertechnik, wobei an
                aus  Damaszener  Stahl  gefer-  Ornamenten verziert und mit  Schmuck: Ringe und mit Gold-  der  Töpferscheibe  vornehm-
                                                                     und Silberplatten geschmück-  lich Männer arbeiteten, wäh-
                                                                     te Gürtel.                 rend  Frauen  die  Keramik  mit
                      as Kunsthandwerk Tadschikistans ist reich – es umfasst  Zwar  blickt  die  Juwelier-  der  Hand  modellierten.  Im
                  D die Präger, Gießer, Graveure und Verzinner von Metall, die  kunst auf eine lange Geschichte  Norden  dominierten  Männer
                  Juwelierkünstler, die Schmiede und Messerschmiede, die Ke-  zurück, doch die Juweliertra-  die  Töpferkunst,  im  Süden
                                                                     ditionen, die bis in unsere Zeit  Frauen.
                  ramikkünstler, die Holz-, Stein- und Alabasterschnitzer, die
                                                                     wirken,  bildeten  sich  erst  im  Die  auf  der  Töpferscheibe
                  Textilkünstler  –  von  Weben,  Seidenweben,  der  Stickkunst,
                                                                     16. bis 19. Jahrhundert heraus.  gefertigte Keramik aus Isfara,
                  dem Stoffdruck und Patchwork bis hin zu Wollarbeiten. Dabei
                                                                     Dabei  unterscheiden  sich  die  Chudschand, Istarawschan und
                  weist jede Region in ihrem Kunsthandwerk eigene Besonder-
                                                                     Schmuckarbeiten nach Regio-  Kanibadom weist vorwiegend
                  heiten auf. Meist blicken die Kunsthandwerke auf eine lange  nen,  nach  Material,  Formen  Pflanzenmotive  auf.  Die  gla-
                  Geschichte zurück. Über die Zeitenläufte erlebten sie Verände-  und Kompositionen. Der Frau-  sierte  Keramik  aus  Istaraw-
                  rungen und Innovationen. Im Rahmen der Zunahme des Kul-  enschmuck lässt sich in Grup-  schan  und  Pendschikent  ist
                  turtourismus erleben viele Handwerke eine Wiedergeburt. Ge-  pen gliedern: Arm-, Hand- und  geprägt  von  der  Farbkombi-
                  gründet wurden zahlreiche Bildungszentren, in denen vor al-  Fingerschmuck  sowie  Hals-,  nation Gelb und Grün. In Kani-
                                                                     Brust-  und  Kopfschmuck.  In  badom bevorzugt man Weiß,
                  lem Frauen ein Kunsthandwerk erlernen, um ihren Lebensun-
                                                                     den tiefer gelegenen nördlichen  Türkis und Grün und in Chu-
                  terhalt zu sichern.
                                                                     Regionen kennt man mehrere  dschand  Rosa  und  Smaragd-
                                                                     Arten von Kopfschmuck – die  grün.
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