Page 20 - Wostok-Sonderausgabe über Tadschikistan
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Länderspezial Tadschikistan
Die wichtigsten Flüsse sind Murgab, scher (der längste Gletscher der Welt die Region, was das Gebiet an den Rand
Pjandsch, Wachsch und Serafschan. Die außerhalb des Polarkreises), die Garm- des Kollaps brachte. Seit den 1990-er
Berge, das sind auch reiche Vorräte an Tschaschma-Quellen, mit deren Wasser Jahren gibt es auch aus Badachschan
Bodenschätzen: Gold, Silber, Molybdän, zahlreiche Krankheiten geheilt werden aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit eine
Baustoffe wie Marmor, Ton, Lehm, Mine- können, der durch einen gewaltigen hohe Wirtschaftsmigration, vor allem
ralsalze und Kohle. Lasurit gibt es in gro- Bergsturz bei einem Erdbeben entstande- nach Russland und Kasachstan. Angesie-
ßer Menge, weitere Halbedelsteine sind ne Saressee – er ist mit 505 Metern der delt sind ein Dutzend Industrieunterneh-
Turmalin, Granat, Topas, Edelspinell. tiefste See Tadschikistans –, der See Kara- men (Baustoffindustrie, Leicht- und Le-
Der Pamir ist die Heimat von Wildtie- kul, der einigen Wissenschaftlern als der bensmittelindustrie), auch der Dienstlei-
ren, von denen viele unter staatlichem höchst gelegene See als Folge des Ein- stungssektor entwickelt sich. Die Land-
Schutz stehen. Besonders geschützt sind schlags eines Meteoriten in der Welt gilt. wirtschaft ist vornehmlich auf Viehzucht
der Turkestanische Luchs, der Schneeleo- Zudem liegen im Autonomen Gebiet eine – Nutztiere wie Yaks, Schafe, Ziegen –
pard, der Tienschan-Bär, der Pamirfalke Reihe historischer Denkmäler, darunter und Bedarfswirtschaft ausgerichtet. Es
und das Tibetische Sandhuhn. Zu den be- zahlreiche Petroglyphen, die antike Stadt gibt selbst für Tadschikistan in Gorno-
drohten Arten zählen das Marco-Polo- Basar Dara, die Festungen Jamtschun und Badchschan extrem wenig bebaubare
Schaf (Argali), der Himalayageier, der Kachkacha aus dem 3. Jahrhundert vor Ackerfläche. Insgesamt sind in Tadschiki-
Bartgeier, das Tibetische Schneehuhn unserer Zeitrechnung, die Ausgrabungs- stan nur rund acht Prozent des Staatsge-
biets für intensive Ackerbauwirtschaft
geeignet. Von den rund 838 000 Hektar
Ackerbaufläche liegen gerade einmal
11 930 Hektar im Gebiet Gorno-Badach-
schan. Auf rund 6 700 Hektar werden hier
Getreidekulturen angebaut, auf 2 500
Hektar Kartoffeln und auf 2150 Hektar
Futterpflanzen. Es ist klar, dass sich die
Versorgungslage entsprechend schwierig
gestaltet.
Einer der Hauptarbeitgeber in Gorno-
Badachschan ist die Aga Khan Stiftung,
die hier seit der Unabhängigkeit mit ihrer
nichtstaatlichen Entwicklungshilfeorga-
nisation Aga Khan Development Network
tätig ist. Die Stiftung war und ist vor al-
lem an Entwicklungs- und humanitären
Projekten beteiligt, sie förderte die land-
wirtschaftliche Produktivität, den Zu-
gang zu Mikrokrediten, Unternehmens-
gründungen, die Kooperation mit Afgha-
Das Zentrum des Ismailiten in Chorog stätte Karon aus dem 3. Jahrtausend vor nistan, war aber auch in die Modernisie-
unserer Zeitrechnung im Rayon Darwas, rung und Renovierung der Transportin-
zahlreiche Mausoleen, Masare und heili- frastruktur und des Straßennetzes einge-
und die Berggans. Zu den Pamirbewoh- ge Stätten. bunden.
nern zählen ebenfalls der Pamirfuchs, der Die Gebietshauptstadt Chorog bietet Natürlich bietet der Tourismus für das
Wolf, das Marchor (Schraubenziege) und viele Annehmlichkeiten einer Stadt, es Gebiet und seine Bewohner eine wirt-
das Langschwanzmurmeltier. Ein großes gibt einen großen Basar, Geschäfte, Res- schaftliche Perspektive, dabei geht es
Problem für den Bestand der Wildtiere taurants, Hotels und Privatunterkünfte, nicht um Massentourismus, sondern um
waren viele Jahre die Wilderei und der ein Regionales Museum, zwei Universitä- ökologisch sanften Tourismus: Wandern,
Jagdtourismus, doch wurden staatlicher- ten, den Zentralpark mit Schwimmbad, Trekking, Bergsteigen, aber auch Kurauf-
seits Maßnahmen dagegen ergriffen. öffentliches WLan. Der im Osten der enthalte – verwiesen sei erneut auf die
Jagderlaubnisse gibt es nur noch in sehr Stadt liegende Botanische Garten wurde heilenden Mineralquellen. Kuraufenthal-
begrenzter Zahl und Wildhüter sind unter bereits im Jahre 1940 gegründet und gilt te bieten die Sanatorien und medizini-
anderem mit der Unterbindung der Wil- nach dem im nepalesischen Kathmandu schen Einrichtungen am Saressee, an den
derei befasst. als zweithöchstgelegener Botanischer Garmtschaschma-Quellen, in Dschelon-
Ausgewiesen wurde bereits 1992 der Garten der Welt. Das 2018 eröffnete Is- dech, Awdsch und Bibi Fatima Suchro.
Tadschikische Nationalpark, der 2013 maili Jamatkhana (Gemeinderaum) und Um die touristische Infrastruktur auszu-
zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt Zentrum in Chorog lohnt den Besuch al- bauen, wurden neben modernen Hotels
wurde. Der heute 26111 Quadratkilome- lein wegen seiner Architektur. mehr als 50 kleine Hotels wie „Homestay“
ter große Nationalpark ist das größte Die Wirtschaftslage in Gorno-Badach- und Gästehäuser geschaffen. Diese er-
Hochgebirgsschutzgebiet der Welt. Hier schan ist extrem problematisch. Zu So- möglichen es den Besuchern, den Alltag
liegen der Pik Ismoil Somoni (früher Pik wjetzeiten war dies eines der besonders sowie die nationale Kultur und Traditio-
Kommunismus) mit 7 495 Metern, der Pik hoch subventionieren Gebiete, Arbeits- nen kennenzulernen. In diesem Bereich
Lenin oder Pik Abuali ibn Sino mit 7134 kräfte waren gesucht und wurden gut hat sich bereits viel entwickelt, wenn-
Metern und der Pik Korschenewskaja mit bezahlt. Gorno-Badachschan litt beson- gleich die beiden Pandemiejahre 2020
7105 Metern, um nur die Siebentausen- ders unter dem Zerfall der UdSSR, zudem und 2021 die Region stark zurückgewor-
der zu nennen, der Fedtschenko-Glet- kamen im Bürgerkrieg viele Flüchtlinge in fen haben.
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