Page 22 - Wostok-Sonderausgabe über Tadschikistan
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03-4-2021 Spezial 21-26 Istarawshan Feiertage_02/10 10-15  19.08.21  19:05  Seite 22


                 Länderspezial Tadschikistan


                ein Symbol der engen Verbin-  ten  vornehmlich  Tadschiken  Kok Gumbas, was Blaue Kup-  chitektonische Komplex Chas-
                dungen  zwischen  Ost  und  und Usbeken, dort gab es ins-  pel  bedeutet,  eine  Moschee  rati  Schoch.  Zwei  Mausoleen
                West.                     gesamt 65 Moscheen.        und Medressenanlage aus dem  und die Hauptmoschee stehen
                                                                     15.  Jahrhundert.  Sie  wurde  im Halbkreis, sie stammen aus
                                                                     von Abdul Latif, dem Sohn des  unterschiedlichen Zeiten. Vom
                                                                     Timuridenherrschers  Ulugbek,  Chasrati-Schoch-Mausoleum
                                                                     errichtet. Von Abdul Latif heißt  heißt  es,  dass  hier  Chasrati
                                                                     es,  dass  er  seinen  Vater  auf-  Schoch begraben worden sei.
                                                                     grund  dessen  radikaler  An-  Dieser sei ein Bruder von Ku-
                                                                     sichten – Ulug Bek wurde als  sam  ibn-Abbas  gewesen,  der
                                                                     Denker  und  Wissenschaftler  ein Vetter des Propheten Mo-
                                                                     mit Galileo verglichen – abge-  hammed  war  und  der  im  11.
                                                                     setzt und ermordet haben soll.  Jahrhundert in Schach-i Sinda
                                                                     Sei es, wie es sei. Abdul Latif  in Samarkand bestattet wor-
                                                                     hinterließ in Istarawschan je-  den sein soll. Die beiden Mau-
                                                                     denfalls ein wunderbares En-  soleen  jedenfalls  werden  auf
                                                                     semble. Und war die Medresse  das  18.  Jahrhundert  und  die
                                                                     zu  Sowjetzeiten  geschlossen,  Moschee auf das 19. Jahrhun-
                                                                     so  stehen  den  Studierenden  dert  datiert.  Das  Wasser  aus
                                                                     die Türen heute wieder offen –  der Quelle in der Anlage gilt
                                                                     doch wird keine ausschließlich  als heilig und heilend.
                                                                                                  Beeindruckend  ist  auch
                  Unter den arabischen Herr-                                                    Sar-i  Masor,  eine  Anlage  aus
                schern war Istarawschan eine                                                    zwei Mausoleen aus dem 15.
                Provinz  des  Arabischen  Kali-                                                 und 16. Jahrhundert sowie ei-
                fats.  Zu  dieser  Zeit  tauchte                                                ner alten und einer neuen Mo-
                auch in Istarawschan die isla-                                                  schee – ein Ort der Stille und
                mische  Architektur  mit  ihren                                                 des Friedens, wie viele sagen.
                gekuppelten Portalen und Mi-                                                    Die Mausoleen sind Aina Kho-
                naretten von Moscheen, Me-                                                      na („Haus der Dämonen“) und
                dressen  und  Mausoleen  auf.                                                   das Chasrati Mechdoni Asam-
                Eine schnellen Aufstieg nahm                                                    Mausoleum. Die Sar-i Masor-
                die Stadt dann unter der Sa-                                                    Moschee stammt aus dem 16.
                maniden-Dynastie im 9. bis 10.                                                  und 17. Jahrhundert und wur-
                Jahrhundert. 1220 wurde die                                                     de  kürzlich  restauriert.  Es  ist
                Stadt von den Mongolen un-                                                      eine Moschee im „zentralasia-
                ter  Dschingis  Khan  zerstört,                                                 tischen Stil“ mit reichen holz-
                und  erlebte  einen  erneuten                                                   geschnitzten Decken und Säu-
                Aufschwung als Ura-Tjube im                                                     len und beeindruckenden Ma-
                14. Jahrhundert, als Amur Ti-
                mur sein Weltimperium schuf.  Auf dem Stadtgebiet und in den
                Im 16. Jahrhundert verlor Ma-  Vororten finden sich mehr als 150
                                          historische, kulturelle und
                warannahr  an  Bedeutung.  In  Kunstdenkmäler
                Usbekistan gründete sich der
                Schaibaniden-Staat  mit  der
                Hauptstadt  in  Buchara.  Zeit-  Die Altstadt Istarawschans,
                gleich herrschten in Ura-Tjube  das  heute  etwa  65 000  Ein-
                lokale  Fürsten.  Im  18.  Jahr-  wohner zählt, hat ihren orien-
                hundert wurden die Zitadelle  talischen Charakter bis heute
                und Festungsanlagen erneuert  bewahrt,  mit  schmalen,  sich
                sowie  neue  Verteidigungsan-  schlängelnden  und  winden-
                lagen errichtet. 1866 erober-  den Gassen und Gässchen, mit
                ten die Truppen des russischen  dem stets lebhaften Basar und
                Zaren die Stadt. In den folgen-  dem Viertel der traditionellen
                den  Jahrzehnten  zogen  Rus-  Handwerker  und  Kunsthand-
                sen  nach  und  nach  zu.  1897  werker  –  Holzschnitzer  und
                waren  es  bereits  300  Men-  Stickerinnen,    Schmiede  und
                schen, die im höher gelegenen  Kunstschmiede,  aber  auch
                Teil der Stadt unweit der Zita-  Musikinstrumentenbauer,  vor  religiöse Ausbildung angebo-  lereien. Die Anlage weist eini-
                delle lebten, wo die russisch-  allem der Karnai (eine Natur-  ten, auf dem Lehrplan stehen  ge bis zu 800 Jahre alte Bäume
                orthodoxe  Kirche,  eine  russi-  trompete  aus  Metall),  auch  auch Arabisch, Russisch, Eng-  auf.
                sche  Schule,  das  Telegrafen-  kunstvoll  gearbeitete  Messer  lisch,  Computerwissenschaf-
                amt und ein Lazarett errichtet  kommen von hier.     ten ...                    Scharifion Habibullojew, Experte für
                wurden.  In  der  auch  heute  Dominierend  in  der  Alt-  Unterhalb  des  Zitadellen-  Tourismusentwicklung,
                noch wuseligen Altstadt leb-  stadt  ist  die  beeindruckende  Hügels liegt der historisch-ar-  Stadtverwaltung Istarawschan

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