Page 27 - Wostok-Sonderausgabe über Tadschikistan
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Ein kurzer Blick in die Geschichte
ie Vorfahren der Ta- der griechisch-makedonischen
dschiken lebten seit al- Seleukiden infolge des Befrei-
D ten Zeiten auf dem Ter- Ein kurzer Blick ungskampfes der Baktrier und
ritorium des heutigen Ta- der Sogdier im Gräko-Baktri-
dschikistan und in Teilen an- in die schen Reich gebrochen. Die
derer zentralasiatischer Staa- Tocharer, die mit den Saken-
ten. Bei archäologischen Aus- Geschichte und Massagetenstämmen nach
grabungen unweit von Cho- Baktrien kamen, spielten eine
waling im Gebiet Kulob im große Rolle bei der Befreiung
Jahre 1980 wurden Funde ge- des Landes und bei der Gestal-
hoben, die belegen, dass auf tung des staatlichen und poli-
tadschikischem Gebiet bereits tischen Leben. Ab dem 4. Jahr-
vor 500 000 Jahren Urmen- hundert wurde Baktrien To-
schen lebten. In den Bergen wurden vielzählige Lagerstät- schloss den zentralen, südli- charistan genannt. Die Tocha-
Tadschikistans wurden Denk- ten aus der Bronzezeit er- chen und östlichen Teil des rer sind als eine wesentliche
mäler aus der Mittelsteinzeit forscht, die meisten wurden heutigen Tadschikistan ein, al- Komponente für die Heraus-
und der Jungsteinzeit gefun- auf Ende des 3. und Anfang so alles, was südlich und bildung der tadschikischen Na-
den. Auf das 5. bis 3. Jahrtau- des 2. Jahrtausends vor unse- südöstlich des Hissar-Gebirgs- tion zu sehen. Tocharistan ge-
send werden die Kulturschich- rer Zeitrechnung datiert. Die zuges liegt. Sogd erstreckte hörte wie der Großteil Zen-
ten der Siedlung Tutkaul bei Kairakkum-Kultur war vor- sich über das Serafaschan- tralasiens, das Gebiet des heu-
Nurek datiert. Bereits in dieser nehmlich durch Viehzucht ge- Becken, Kaschkadarja und alle tigen Afghanistan und Nord-
Zeit begann die Besiedlung des kennzeichnet, doch hatte man Gebiete nördlich des Hissar- indien zum Kuschanreich. Es
Hochgebirges, darunter des auch Kenntnisse von Ackerbau Gebirges. war eine Zeit der Blüte von
Pamir. Im östlichen Pamir wur- und Bergbau, erschloss sich die Die Vorfahren der Tadschi- Wirtschaft und Kultur, lebhaf-
de auf einer Höhe von 4 200 Metallurgie und die Schmiede- ken waren zudem Urbewohner te Beziehungen wurden mit
Metern ein Lager nomadischer kunst. des Fergana-Tals sowie Nach- Osteuropa, Rom und China
Jäger freigelegt – das ist Osch- Im Süden Tadschikistans, fahren vielfältiger nomadisie- gepflegt. Die archäologischen
chona. In der Schachty-Grotte am Unterlauf der Flüsse Kysyl- render und halbnomadisieren- Stätte der Kuschan-Zeit spie-
wurden Felsmalereien entdeckt, su, Wachsch, Kafirnigon war der Sakenstämme, die im Pa- geln die Synthese von zentral-
die auf die frühe Jungsteinzeit die Bischkentsker Kultur ver- mir, im Tienschan und im Ein- asiatischer, hellenistischer und
datiert wurden. Abgebildet breitet – man ging dem Acker- zugsgebiet des Syr-Darja sie- indischer Kultur wider.
sind Jäger und von Pfeilen bau nach, die Siedlungen wur- delten. Die Sprachen dieser Im 4. und 5. Jahrhundert
durchbohrte Tiere. den befestigt. Das Niveau der Völker gehörten zum östlichen drangen die Steppenstämme
Ab dem 3. Jahrtausend vor Keramikproduktion war hoch. Zweig der iranischen Sprachen der Hephtaliten (Weiße Hun-
war für die Berge und Vorber- Diese Kultur ist mit entspre- und unterschieden sich von nen) nach Sogd und Tochari-
ge Tadschikistans die Hissar- chenden Bronzezeitkulturen in der später entstandenen ta- stan vor, und im 6. Jahrhun-
Kultur charakteristisch. Nach Südturkmenistan und im süd- dschikischen Sprache. dert breitete sich die Macht
Meinung eines Teils der Wis- westlichen Asien eng ver- Im 6. Jahrhundert vor unse- des Turkischen Kaganats auf
senschaftler war sie mit Vieh- wandt. rer Zeitrechnung wurden Bak- dem Gebiet aus.
zucht befasst, nach Meinung Im 1. Jahrtausend vor unse- trien und Sogd vom Großkönig Im 5. und 6. Jahrhundert
anderer sowohl mit Viehzucht rer Zeit waren die Vorfahren Kyros II. erobert und waren schritt der Prozess der Feuda-
als auch Ackerbau. Doch spiel- der Tadschiken – die Baktrier damit Teil des persischen Achä- lisierung voran. Ab dem 6.
te die Jagd auch weiterhin ei- und Sogdier – Hauptbevölke- menidenreiches. Im 4. Jahr- Jahrhundert und bis zur zwei-
ne wichtige Rolle. rung zweier großer Sklaven- hundert vor gingen sie in den ten Hälfte des 14. Jahrhun-
Im Wüstenstreifen Kairak- halterstaaten in Zentralasien: Staat von Alexander dem Gro- derts herrschten feudale Be-
kum im Norden Tadschikistans Baktrien und Sogd. Baktrien ßen (Alexanderreich) ein, das ziehungen, wobei zu einem
die Gebiete von 20 heutigen gewissen Grad Reste des Patri-
Staaten einschloss und nach archats, die Wichtigkeit der
ie Geschichte Tadschikistans – oder anders gesagt des dem Tod Alexanders in die Gemeinschaft, die Überreste
D Territoriums des heutigen Tadschikistans – ist lang und Diadochenreiche zerfiel. Im der Sklaverei auf dem Territo-
kompliziert, denn die Region war seit altersher Siedlungsraum Wesentlichen entstanden drei rium des heutigen Tadschiki-
von unterschiedlichen Stämmen und ethnischen Gruppen, ge- Königreiche, das der Antigo- stans bewahrt wurden. Der
niden in Griechenland, der wirtschaftliche Aufschwung,
hörte zu unterschiedlichen Reichen, wurde mehr als einmal er-
Ptolemäer in Ägypten und der der im 6. und 7. Jahrhundert,
obert von fremden Invasoren. Fasst man die Geschichte kurz,
Seleukiden in Asien. Im Be- also vor der arabischen Erobe-
dann würde man sagen, Baktrien und Sogd, Achämeniden-
stand des Letzteren fand sich rung, zu verzeichnen war,
reich, Alexander der Große, das Kuschan- und das Hephtali-
Tadschikistan im 3. Jahrhun- führte zu einer noch stärkeren
tenreich, die arabische Eroberung und das Arabische Kalifat, dert wieder. Doch spaltete sich sozialen Schichtung. Die adli-
der Samanidenstaat, die Mongoleninvasion, das Timuriden- das Gräko-Baktrische Reich gen Grundbesitzer besaßen
reich, die usbekischen Dynastien und Khanate, das „Große unter dem Statthalter der Se- bewässertes Land und Wasser.
Spiel“ des Russischen Zarenreiches und des Britischen Empi- leukiden Diodotos I. vom Se- Der wirtschaftliche Auf-
res, die Sowjetunion, deren Zerfall und die Unabhängigkeit Ta- leukidenreich ab. schwung war begleitet von
In der Mitte des 2. Jahrhun- der Entwicklung der Kultur
dschikistans im Jahre 1991.
derts vor unserer Zeitrech- und dem Wachstum der Städ-
nung wurde dann die Macht te. Eines der Zentren der frü-
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